15.02.2020: Man kann gar nicht oft genug an die alte Geschichte von der Graserschule erinnern. Zum einen halten die antisozialen Versuche, die Sanierung dieser Schule zu verhindern, nach wie vor an. Zum andern wird deutlich, wie vorgestrig der aktuelle Stadtrat seit Jahren vor sich hin wütet: ......
Wie sehr CSU-Stadtrat Klaus
Klötzer mit seiner Philippika gegen den Standort der Graserschule danebenliegt,
hat die Initiative „Rettet die Graserschule“ sehr schön dokumentiert, z.B. auf
http://www.rettet-die-graserschule.de/2016/03/faktenanalyse-klaus-kloetzer-und-der-feinstaub-i/ . So ist die von den Modernisierungsverweigerern gern
angeführte Feinstaubbelastung am Hohenzollernring in den letzten Jahren dramatisch
zurückgegangen. Sie beträgt nur noch ein Viertel des zulässigen Mittelwertes. Die
Lärmbelastung am Nordring ist, entgegen des Lamentos der
Modernisierungsverweigerer, nicht deutlich niedriger, sondern ähnlich hoch wie
in der Innenstadt.
Wie unhistorisch Konservative
denken, demonstrierte auch wieder Stadtrat Klaus Klötzer , der wohl so etwas
wie der facebook-Beauftragte der Modernisierungsverweigerer ist, mit seiner
Aussage vom 21.12.2015: „Verkehr nimmt bekanntermaßen nie ab, sondern
stetig zu“. Doch
anders als im eingefrorenen Status-Quo-Denken der Modernisierungsverweigerer ist
die Zunahme des motorisierten Individualverkehrs kein unumstößliches
Naturgesetz, wie inzwischen zahlreiche Städte beweisen.
Die deutschen Städte Münster und
Erlangen sind seit langem als vorbildliche Radfahrstädte bekannt. In Münster
werden 37 % aller Wege mit dem Rad erledigt, in Erlangen 30 %, soll aber bis 2020 um weitere 5 bis 7 %
gesteigert werden. Amsterdam, Wien, Kopenhagen
und Stockholm sind europäische Glanzlichter einer neuen ökologischen
Verkehrspolitik. So will Kopenhagen bereits bis 2025 im Verkehr klimaneutral
sein, Stockholm bis 2050. In Wien ging der Anteil des Autoverkehrs von 2008 bis
2014 um sechs auf 27 Prozent zurück, bis 2020 soll er auf 20 % gedrückt werden(http://www.bund-naturschutz.de/presse-aktuelles/magazin.html).
Selbst der bundesdeutsche
BMW-Verkehrsminister Dobrindt bewegt sich ein bißchen: "Wir schaffen jetzt den Rechtsrahmen,
damit die Straßenverkehrsbehörden ohne größere bürokratische Hürden Tempo 30 vor Schulen und Kindergärten auch
an Hauptverkehrsstraßen anordnen können." So verkündete er es am
18.2.2016 vor der bundesdeutschen Presse (http://mesh-web.de/content/%5B4711-%5D-bundesverkehrsminister-dobrindt-will-mehr-tempo-30-st%C3%A4dten).
Eine solche Senkung verringert den Lärm gegenüber 50 km/h um 3 bis 5 Dezibel, d.h.
etwa um die Hälfte. Bei den Abgasemissionen ist nach den bisherigen Erfahrungen
mit Tempo 30 km/h ein Rückgang von 24 % zu erwarten.
Für den Verkehr kommt eine neue
Greenpeace-Studie mit dem Titel „Was bedeutet das Pariser Abkommen für den
Klimaschutz in Deutschland“ zu diesem Schluß: Der Individualverkehr muß zu Gunsten des öffentlichen Verkehrs um 10 %
pro Jahrzehnt sinken, wenn die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzt
werden soll. Zusätzlich muß der
Individualverkehr dafür bis 2035 vollständig elektrifiziert werden(http://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/160222_klimaschutz_paris_studie_02_2016_fin_neu.pdf).
Was ich in meinem Blog vom 4.11.2015 mit dem Titel
„Eine Politik wie saures Bier“ (http://www.kolbsportal.de/KolbsBlog/tabid/61/EntryId/40/Eine-Politik-wie-saures-Bier.aspx) bereits ansprach, wird mit dieser Greenpeace-Studie
belegt und näher ausgeführt. Bayreuth braucht dringend ein ökologisches
Verkehrskonzept, mit dem die Versprechungen der Pariser Klimakonferenz lokal
umgesetzt werden können. Machbar ist das. Und es nützt nicht nur einer Schule,
sondern allen Menschen, die an lärmverseuchten Straßen wohnen, lernen und
arbeiten müssen, wie das die grüne Stadträtin Sabine Steininger bereits gesagt
hat.
Dummerweise steht der ökologischen Modernisierung des
Verkehrs in Bayreuth eine besonders halsstarrige Verweigerungsfront im Weg.
Gebildet wird sie von denen, die jetzt auch die Modernisierung der Graserschule
verweigern: CSU, SPD, FDP, Junges Bayreuth und DU, die BG gehört allerdings
meist auch dazu. Sie hinterlassen auch an anderen Stellen häßliche Spuren ihrer
desaströsen Halsstarrigkeit:
Die Pottensteiner Straße ist seit ihrem Umbau ein in Asphalt
und Beton gegossenes Symbol einer autozentrierten Verkehrspolitik, bei der ausnahmsweise
versucht wurde, auch ein bißchen die Interessen eines sichtbar zunehmenden
Radverkehrs zu berücksichtigen. Das ging schief. Der ebenso autozentrierte
Versuch der Autoideologen, die Radfahrer daraufhin in den Park abzuschieben,
ging erfreulicherweise auch schief. Die Autoideologen, vertreten durch den
Altoberbürgermeister und Stadtrat Michael Hohl, gaben daraufhin aber nicht ihre Fehler zu,
sondern versuchten, die Schuld auf die Verwaltung zu schieben, obwohl die sie
vor der dämlichsten aller dämlichen Umbaulösungen gewarnt hatte. Das ist nicht
nur halsstarrig, das ist auch noch armselig.
Ohne es zu ahnen, boten die
Modernisierungsverweigerer ein besonders absurdes und für den Kundigen
amüsantes Schauspiel, als es um den Antrag des grünen Stadtrates Klaus Wührl
ging, eine Shared-Space-Zone einzurichten. An dem Konzept „Shared Space“ ist
nur die Bezeichnung neu, das damit bezeichnete Mischkonzept ist uralt. Es wurde
bis zur Verabschiedung der „Charta von Athen“ im Jahre 1933 jahrhundertelang in
allen Städten dieser Welt praktiziert. Das Dogma der städtebaulichen
Funktionstrennung, das die Charta von Athen verkündete, wurde in den 1980er
Jahren wieder weitgehend aufgegeben. Man sah ein, daß die negativen Folgen
dieser Funktionstrennung die positiven überwogen. Bis zu den halsstarrigen
Bayreuther Modernisierungsverweigerern scheint aber weder die Kunde von dem jahrhundertelang
geltenden verkehrlichen Mischprinzip noch von seiner Abschaffung und seiner Wiederauferstehung
gedrungen zu sein. Nur so ist zu erklären, daß sie Klaus Wührl „verkehrspolitische Ideologie“ vorwarfen. Bei
diesen StammtischpolitikerInnen haben 80 Jahre Verkehrs- und Städtebaugeschichte
keine Spuren im Denken hinterlassen. Als
wäre da nur ein schwarzes Loch.
Die anstehenden drei
Bürgerentscheide scheinen zu belegen, daß dieses schwarze Loch Bayreuther
Stadtpolitik auch den BürgerInnen bewußt wird. Mit einem Bürgerbegehren verkünden BürgerInnen, daß sie mit
Beschlüssen des Stadtrates so sehr nicht zufrieden sind, daß sie die
Verantwortung und Entscheidung darüber dem Stadtrat wieder abnehmen wollen. Das
ist ein massives Mißtrauensvotum. Spektakulär an den Bayreuther Mißtrauensvoten
ist nicht nur, daß gleich drei
angeleiert wurden, sondern dies auch noch kurz nach den letzten
Stadtratswahlen im Jahr 2014. Erwacht da eine Bewegung gegen halsstarrige
Modernisierungsverweigerer, deren Verharren in obsolet gewordenen
Politikkonzepten immer offensichtlicher wird? Führt das, ähnlich wie im
großpolitischen Maßstab in Griechenland und Spanien, zur Implosion des
überkommenen Politmonopols in Bayreuth? Schön wär´s.
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